Die eigentlich zum 90stem Geburtstag der Eintracht geplante Veranstaltung konnte nun endlich im Sportheim der Eintracht mit großem Erfolg nachgeholt werden. Comedian Johannes Scherer strapazierte am Samstagabend im Sportheim die Lachmuskeln.
Lokale, regionale, persönliche und gesellschaftliche Entwicklungen und Begebenheiten mit Einfallsreichtum, Ironie und sitzenden Pointen thematisiert: Comedian Johannes Scherer ist ein scharfer Beobachter, geht mit offenen Augen und Ohren durch die Welt und weiß vor allem all die kleinen und großen Kuriositäten des Lebens gekonnt zu parodieren sowie viele schräge alltägliche Situationen als die Absurditäten zu entlarven, die sie sind.
Die SG Eintracht Kleinheubach als Veranstalter hatte den Künstler eingeladen, der Samstagabend im vollen Saal des Sportheimes auftrat. Bis sein Auftritt endlich hatte über die Bühne gehen können, war für seine Fans und solche, die es werden wollten, vor allem eine Tugend gefragt: Geduld. Verschiebung wegen Corona, nun Verlegung vom Hofgarten als seinerzeit ursprünglich geplanten Veranstaltungsort ins Sportheim erforderten Ausdauer. In Bezug darauf konstatierte der Künstler dann auch kurz und prägnant: »Stattfinden ist das neue Ausverkauft! «. Scherer gelang es, von der ersten Sekunde an, das Publikum zu begeistern, mitzureißen und immer wieder abzuholen.
Wie es sich der Höflichkeit halber gehört, stellte sich der Künstler natürlich vor: In Alzenau-Wasserlos geboren und in Schöllkrippen (jeweils Kreis Aschaffenburg) aufgewachsen, fühlte sich das Publikum gleich sehr verbunden, spürte, dass hier in Bezug auf die Region »einer von ihnen« gerade seinen Auftritt hat. Dass den Künstler der spätere Berufs- und Lebensweg nach Hessen brachte, sorgte dafür, dass Scherer den Überblick hat und die Besonderheiten einer jeden Region gekonnt auf die Schippe zu nehmen wusste. Dabei sei ihm und vielen anderen dort, wo er aufwuchs, das Bundesland nebenan gar nicht so geläufig gewesen, viel gewusst hätten die Menschen über die benachbarten Hessen nicht, außer, dass diese sehr fleißig seien: Schließlich gingen diese sogar an Allerheiligen und am Dreikönigstag (dort keine Feiertage) arbeiten, für Bayern undenkbar. Die gingen an diesen Tagen nach Hessen zum Einkaufen. Ansonsten sei Schöllkrippen beschaulich gewesen, so wurde aus seinen Ausführungen deutlich. Inklusive der Feststellung, dass dort das weltweite Bahnschienennetz ende: Wenn danach in einer bekannten TV-Quizshow einmal gefragt würde, jetzt hätte er die Antwort dem Publikum verraten – erwarte aber natürlich eine gewisse finanzielle Beteiligung am Gewinn.
Vom Lokalen zum Globalen Seine Ortskenntnisse webte er immer wieder ein, egal ob Kleinheubach und Großheubach, Eschau und Hobbach, Wallfahrten vom Engelberg nach Walldürn – der Comedian kennt sich eben aus. Vom Lokalen zur globalen technischen Entwicklung: Die eigene Schulzeit ohne Smartphone-Technik, bei der er als Schüler sich für die Eltern den ganzen Vormittag über im – wie es heute lauten würde – »Funkloch« befunden habe, waren ebenso Thema wie Kühlschränke, welche auf der Tür anzeigen, was sich darin befinde. Früher war eben doch vieles anders: Soziale Netzwerke habe es nicht gegeben, aber auch nicht gebraucht, dank einer stets aus dem Fenster das Ortsgeschehen beobachtenden Bürgerin.
Dass der Abend tatsächlich etwas ganz Besonderes wurde, hatte mehrere Gründe: Da waren die erwähnten Identifikationspunkte und der regionale Bezug in Kombination mit (Welt-) Offenheit, Neugier und Interesse, das Aufgreifen von Geschehnissen, die hier und da der eine oder andere so oder ähnlich kennen dürfte und der besondere Clou, mehrere Generationen – die auch das Publikum in seiner Zusammensetzung abdeckte – mit einzubeziehen. Dieses kam auch in den Genuss einiger Parodien mit gelungenen Stimmimitationen. Weiter gewährte Scherer über große Strecken tiefe Einblicke in das eigene Familienleben, gab Eindrücke der Gesellschaftsstruktur auf Kreuzfahrtschiffen preis und welche Probleme der Reizmagen des Vaters verursachen kann.
Der Auftritt war ein Best Of-Programm aus 20 Jahren Bühnenprogramm. Die Selbstverständlichkeit, mit welcher der Künstler alle Themenkomplexe verknüpfte, auch Aktuelles mit einbezog und zu einem großen Ganzen und äußerst stimmigem Gesamtpaket verschmolz war eine Klasse für sich. Die 1930 gegründete SG Eintracht machte sich und allen Gästen mit Scherers Auftritt ein tolles, nachträgliches Geschenk zum 90. Geburtstag.
Text und Foto: Marco Burgemeister